Frühzeichen - Früherkennung - Förderansätze bei Dyskalkulie


Ergotherapeutinnen behandeln keine Rechenstörungen. Sie behandeln Kinder mit Wahrnehmungsstörungen. Als Folge der Wahrnehmungsstörungen können sich erhebliche Probleme entwickeln mit deutlichen Auswirkungen auf das Erlernen der Kulturtechnik Mathematik. Ausführungen zur komplexen Symptomatik, der Diagnostik, der Fehleranalyse und zu relevanten ergotherapeutischen Therapieansätzen finden Sie in diesem Artikel.

Beobachtungen in einer Ergotherapiepraxis von Ernst Barthel, Erlangen

 

1. Begrifflichkeit und Definition:

Es gibt eine Vielzahl von Begriffen wie Rechenschwäche, Rechenstörung, Dyskalkulie, Arithmastenie und dementsprechend auch eine Anzahl von Definitionen.

 
1.1 Definition ICD - 10:
In der Internationalen Klassifikation (ICD - 10) sind in Punkt F8 Entwicklungsstörungen, unter F81 umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten aufgeführt. F81.2 definiert die Rechenstörung:

"... eine umschriebene Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung ... erklärbar ist. Das Defizit betrifft die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten..."

 
1.2 Problematik der phänomenologischen Definition:
Typische Rechenfehler wie Verzählen um Eins, Richtungsfehler, Stellenwertfehler, Perseveration u.a. sind unvermeidliche Bestandteile des mathematischen Lernprozesses. Nach KAUFMANN (2002, 15) spielen die Häufigkeit, die Vielfalt der Fehlertypen und die Hartnäckigkeit u.a. bei der Identifizierung rechenschwacher Kinder eine Rolle. LORENZ (1985, 70) weist darauf hin, dass es ein kaum lösbarer Streitpunkt bleiben wird, ab wann Rechenfehler als üblich erwartet werden können und damit als "normal" einzustufen sind oder ob bereits eine Grenze zum außergewöhnlichen und damit zum "Pathologischen" überschritten ist.

 

2. Ursachen für Rechenstörungen:

Hierbei können wir leider "nur" von Risikofaktoren sprechen, da eindeutige spezifische Ursachen für die Entstehung einer Rechenstörung nicht nachweisbar sind. SCHIPPER (2001) weist darauf hin, dass solche Risikofaktoren nicht nur im Kind, sondern auch im schulischen, familiären und sozialen Umfeld zu suchen sind.

Ursachenfelder bei Rechenstörungen

 

2.1 Neuropsychologische Ursachen:
Nach LORENZ & RADATZ (1993, 22) liegen die neuropsychologischen Störungen im taktil-kinästhetischen Bereich, im Bereich der auditiven Wahrnehmung, im Sprachverständnis, der Speicherung, der Serialität sowie in der visuellen Wahrnehmung.


2.1.1 Störungen im taktil-kinästhetischen Bereich:
Die Fähigkeit, rechts / links, oben / unten, vorne / hinten .... im räumlichen Verhältnis zur Umwelt zu erfassen, hängt eng mit der Entwicklung des Körperschemas zusammen. U.a. kann es zu folgenden Einschränkungen kommen:

  • Schwächen bei der Raumvorstellungsfähigkeit und des Operierens mit vorgestellten Bildern.
    Diese sind insofern besonders problematisch, da in der Grundschule arithmetische Operationen oft über bildhafte Handlungen eingeführt werden.
  • Zifferninversionen beim Lesen und Schreiben von Zahlen
  • Umkehren der Operationsrichtung beim Rechnen
  • Orientierung auf dem Zahlenstrahl (z. B. was vor, was hinter 8)
  • Problemen beim Ordnen und Vergleichen von Zahlen

2.1.2 Störungen der auditiven Wahrnehmung, der Speicherung und von Sprachverständnis:

  • Eine auditive Diskriminierungsschwäche führt leicht dazu, dass akustische Informationen zu wenig selektiert werden können.
  • Bei Merkfähigkeitsstörungen können mündlich gestellte Aufgaben, Zwischenergebnisse, Erklärungen oder Arbeitsaufträge nicht komplett erfasst werden.
  • Oft werden nur die ersten bzw. letzten Informationsanteile erfasst.
  • Die Sprachkompetenz wird in der Mathematik in hohem Maße gefordert. Da Zahlen und arithmetische Operationen über räumliche und zeitliche Beziehungen verdeutlicht werden, spielt insbesondere die Diskrimination relationaler, kausaler und präpositionaler Ausdrücke eine wesentliche Rolle (an, bei, zwischen, von, um, vorher, wenn-dann, weder-noch, fast alle, keiner, größer, am größten ....), LORENZ (1997, 22).


2.1.3 Störungen der visuellen Wahrnehmung, der Speicherung und und der Serialität:
Nach LURIA (1992, 230) wird die Wahrnehmung als aktiver Prozess gesehen, "in dessen Verlauf Informationen gesucht, charakteristische Merkmale eines Gegen-standes identifiziert, diese Merkmale miteinander verglichen, passende Hypothesen gebildet und Vergleiche zwischen diesen Hypothesen und den Ausgangsdaten angestellt werden". Dies bedeutet auch, dass die Wahrnehmung durch bereits vor-handenes, also gespeichertes Wissen gesteuert ist. So kann u.a. das:

  • Erstellen von Ordnungskriterien erschwert sein, wenn vergleichende Leistungen (z.B. das Unterscheiden von Längen oder Größen) nicht erbracht werden.
  • Erfassen von Mengen erschwert sein, was eine fundamentale Voraussetzung für die Zahlbegriffsentwicklung darstellt, LORENZ (1990, 88).
  • Darstellen von Zahlen mittels Ziffernfolgen (508 ist eine andere Zahl als 805) evtl. nicht gelingen.
  • Rechnen unter dem Verzicht auf Anschauungsmaterial deutlich verzögert sein. Arithmetische Operationen werden im Erstunterricht in Form von Anschauungsbildern verdeutlicht. Der Übergang in die visuell-räumliche Vorstellung und damit die Operation, z.B. im Zahlenraum bis 20, ist erschwert.


2.1.4 Pränumerischer Bereich:
Hier stellt sich die Frage, wie die frühe Zahlbegriffsentwicklung verläuft und welche Kenntnisse und Einsichten am Schulbeginn bei den Kindern erwartet werden können.

Es gibt zur Zeit noch keine Längsschnittstudien, die Zusammenhänge zwischen individuellen Unterschieden in der frühen Zahlbegriffsentwicklung und den späteren Leistungen in der Mathematik belegen. Jedoch ergibt sich in der Umkehrung, dass viele Kinder mit Rechenstörungen im letzten Kindergartenjahr und im Erstunterricht, retrospektiv betrachtet, eine hohe Schwäche in der Entwicklung von pränumerischen Leistungen zeigten.

PIAGET (1972) hat die Entwicklung dieser Fähigkeiten eingehend untersucht. Die Entwicklung des Zahlbegriffs beruht auf einer komplexen Synthese von Fähigkeiten. Dazu gehören u.a. die Klassifikation von Objekten nach Merkmalen, das Operieren mit Eins-zu-eins-Zuordnungen und das Ordnen von Objekten im Hinblick auf die Reihenfolge.


2.1.5 Numerischer Bereich:
Im numerischen Entwicklungsbereich geht es u.a. um folgende Parameter:

  • Die Entwicklung, die Unterscheidung und Anwendung der Kardinalzahl von der Ordinalzahl.
  • Die Kardinalzahl: Benennt den Hauptgesichtspunkt, also die Anzahl der Objekte einer Menge z.B. "sechs Hasen".
  • Die Ordinalzahl: Bezeichnet die Position eines Objektes relativ zu anderen Objekten in einer Menge z.B. "der sechste Hase".
  • Benutzen von Zahlwörtern
  • Entwicklung des Zählens (z.B. verbales-, asynchrones-, synchrones-, resultatives-, abkürzendes Zählen)
  • Anwenden von Zahlenwissen (arithmetische Operationen)

 © 2001-2006 Ernst Barthel 

 

3. Fehleranalyse:

Die Fehleranalyse sollte therapiebegleitend in regelmäßigen Abständen vorgenommen werden. Sie gibt einen relativ direkten Aufschluss über den aktuellen Leistungsstand des Kindes. Insbesondere erkennen wir typische, sich oft  wiederholende Fehlerarten und können daraus folgernd sehr symptombezogen therapeutisch intervenieren.

Die Fehleranalyse sollte sowohl bei der Korrektur von Rechenaufgaben (produktorientiert) als auch rechenbegleitend  durchgeführt  werden. Bei letzterer Methode verbalisiert der Schüler seine gedanklichen Rechenschritte.

Die Fehleranalyse zeigt sich in unserer praktischen Arbeit als das entscheidende Instrument zur Bestimmung des Leistungsstandes des Kindes und insbesondere zur Festlegung des aktuellen Förderansatzes.


3.1 Einige Erläuterungen zu den Hintergründen der Fehlerproduktion:

Einseitig „ordinales“ Zahlverständnis:
GAIDOSCHIK (2002, 27 ff.) spricht vom Vorherrschen eines „einseitig ordinalen Zahlverständnisses“. Kinder der ersten Schulstufe zählen  z.B. die Menge 1, 2, 3, 4  ab. Das rechenschwache Kind denkt aber bei „vier“ zunächst tatsächlich nur an den einen zuletzt angetippten Gegenstand und kann nicht erkennen, dass es sich eigentlich auch um die gesamte Anzahl aller angetippten  Gegenstände handelt. Ein kardinales Zahlenverständnis ist noch nicht entwickelt. Das Kind verwechselt also eine Zahl (Kardinalzahl) mit einem Rangplatz (Ordinalzahl).

Zählen statt Rechnen:
Generell gilt für die ersten beiden Grundschulklassen: Rechenschwache Kinder rechnen wenig – sie zählen! Es liegt nicht selten eine vorwiegend auf die Reihenfolge beschränkte Zahlauffassung vor.

Unzureichendes Operationsverständnis:
Das betroffene Kind denkt nur in Zählschritten, vertauscht Plus- und Minusaufgaben oder kann Tauschaufgaben nicht verstehen.
Ein Kind, welches bei Zahlen nicht an ein „Wie viel?“ denkt, sondern in „Zählschritten“, kann den eigentlichen Rechenvorgang nur schwer überschauen. Es zählt sich zum Ergebnis (z.B. 7 – 2 = 5) und hat dabei wohl die Vorstellung  „von 7 loszuziehen, zu 6, zu 5  und als Ergebnis zu sagen, bei welchem Rangplatz (5) es angekommen ist“. Das „Wie viel?“ im Sinne von Rechenverständnis spielt dabei keine Rolle.

Achtung: Ohne Mengenverdeutlichung eingesetzte Würfel- und Hüpfspiele unterstützen das abzählende Rechnen und somit die unzureichende Vorstellung.

Folglich besteht auch kein Verständnis für Tauschaufgaben. Die Gleichheit im Ergebnis von  6 + 2 und  2 + 6  ist für das Kind nicht erkennbar. Beide Aufgaben sind ja nur dann gleich, wenn es um das Ergebnis geht. Vom Standpunkt des „Zählenden“ sind sie aber vollkommen unterschiedlich.

Schwierigkeiten mit zweistelligen Zahlen:
Dass an der Zehner-Stelle eine „Bündelung“ von 10 Einern zu einer neuen Stelleneinheit stattfindet, wird von den betroffenen Kindern nicht verstanden.
Es werden keine quantitativen Unterschiede zwischen Einern und Zehnern erkannt. Was auf der Zehnerstelle steht, ist für diese Kinder dasselbe wie hinten auf der Einerstelle.

Vertauschen von Zehnern und Einern:
Bedingt durch die Besonderheit der deutschen Sprache, zuerst die Einer und dann die Zehner zu benennen, kommt es bei vielen, auch nicht rechenschwachen Kindern zu Vertauschungen.
Erschwerend kann im Sinne einer visuell-räumlichen Wahrnehmungsstörung die Ziffernfolge beim Lesen und Rechnen vertauscht werden.

Zehnerüberschreitungen nur zählend:
Die Zehnerüberschreitung durch Zerlegen ist nicht  nachvollziehbar.
z B.  8 + 5 = ?    (8 + 2 = 10;  10 + 3 = 13)     8 + 5 = 13

Keine Orientierung im Zahlenraum:
Das Kind entwickelt wenig Vorstellung über das  Verhältnis der Zahlen zueinander.
Das Benennen der Nachbarzahlen, das Auffinden und Markieren von Zahlen am Zahlenstrahl, das alles gelingt dem Kind weniger gut.

Keine Verständnisgrundlage für den multiplikativen Bereich:

Wir können hier zwei Gruppen von Kindern unterscheiden:

  1. Kinder, die bei all ihren sonstigen Rechenproblemen die Malreihen, bedingt durch ihre sehr gute Merkfähigkeit, auswendig erlernen können.
  2. Kinder, die bedingt durch ihre geringe Verständnisgrundlage im Zahlenraum bis Einhundert nur mit großer Mühe einige Reihen – z.B. Zweier-, Fünfer-, Zehner- erlernen können.


3.2. Darstellungen beispielhafter Rechenfehler:

a, Abzählfehler
    4 + 5 = 8        Kind zählt  4, 5, 6, 7, 8

b, Vertauschen von Zehner und Einer
    40 – 2 = 20    Nicht gesicherte Kardinalzahl / Verwechselt Zehner und Einer

c, Verdrehung
    28 – 9 = 91    Rechts – Links – Störung / 91 statt 19 (Invertiert)

d, Orientierungsstörung / Zerlegen
    41 – 5 = 39    Zehnerüberschreitung durch Zerlegen 41 – 1
                          Orientierungsstörung 40 – 1 statt 40 – 4
 
e, Abzählfehler
    41 – 5 = 37    Kind zählt  41, 40, 39, 38, 37

f, Orientierungsstörung / Verdrehung
    18 + 3 = 51    Orientierungsstörung 18 – 3  (Subtraktion statt Addition)
                          Rechts – Links – Störung / 51 statt 15 (Invertiert)
    
Die Beispiele a) und e) zeigen, daß elementare Schwächen im Erstunterricht sich in die nächste Klasse fortsetzen können.

 

4. Empirische Untersuchungen:

4.1. Früherkennung von Rechenstörungen

Dissertation    S. KAUFMANN, Baden-Württemberg 
Klientel:           127 Kinder, davon 71 Jungen

Verteilung:       6 Eingangsklassen verteilt auf 3 Schulen,  Ländliche Struktur

Untersuchungszeiträume:
- Erste Untersuchungsphase bei Schuleintritt
- Zweite Untersuchungsphase nach ¾ Schuljahr
- Dritte Untersuchungsphase Ende 2. Schuljahr

Erhebungsmethoden:
- Lehrerinterview
- Fragebögen
- Gruppentests (für Lateralität HDT, Visuelle Wahrnehmung FEW, Arithmetische Vorkenntnisse UGT 
   (Utrechter Zahlbegriffstest),
   Grundintelligenztest CFT 1, Mathematische Leistungen,
   Allgemeiner Schulleistungstest)           
- Informelle Tests (Körperschema, Räumliche Beziehung, Visuelles Erinnern, Selbstportrait, Fein- und
  Grobmotorik)

Hypothesen:

  1. Geringe visuelle Fähigkeiten bei Schuleintritt haben schwächere arithmetische Leistungen im mathematischen Anfangsunterricht zur Folge.
  2. Gezielte Förderung kann den Anschluss an die Klasse ermöglichen.

Gruppeneinteilung nach Erstuntersuchung (Zuteilung nach Ergebnis im FEW):

  1. Gruppe:  bestehend aus in der visuellen Wahrnehmung unauffälligen Kindern (n = 95)
  2. Gruppe:  bestehend aus in der visuellen Wahrnehmung auffälligen Kindern mit sofort      
                   einsetzender innerschulischer präventiver  Kleingruppenförderung
    (n = 18)
  3. Gruppe:  Kontrollgruppe, bestehend aus in der visuellen Wahrnehmung auffälligen Kindern ohne
                   zusätzliche Förrderung (n = 14)


4.2 Hypothesen - Ergebnisse - Ausblick:

Zusammenfassung:

Hypothese 1:   
Geringe visuelle Fähigkeiten bei Schuleintritt haben schwächere arithmetische Leistungen im mathematischen Anfangsunterricht zur Folge.
Zum Ende des zweiten Schuljahres sollten Tests darüber Auskunft geben, ob die geringeren visuellen Fähigkeiten bei Schuleintritt schwächere Mathematikleistungen zur Folge haben.

Ergebnisse:
Eine Varianz von 36 % ist zufriedenstellend. Der Faktor Räumliche Beziehung war der stärkste Prädiktor.
Insgesamt fiel aber die Varianzaufklärung durch die visuellen Faktoren FEW geringer aus als bei den arithmetischen Vorkenntnissen UGT.

Hypothese 2:
   
Gezielte Förderung kann den Anschluß an die Klasse ermöglichen.
Mit den durchgeführten Untersuchungen in der zweiten und dritten Untersuchungsphase sollte ferner herausgefunden werden, ob eine gezielte Förderung den Anschluss an die Klasse ermöglichen kann. Die Kontrollgruppe (Risikokinder ohne Förderung) und die Fördergruppe (Risikokinder mit Förderung) wurden also getrennt betrachtet, so dass ein möglicher Interventionserfolg sichtbar werden konnte.

Ergebnisse:
Fördererfolge zeigten sich darin, dass sich die Fördergruppe im Gegensatz zur Kontrollgruppe nach den erfolgten Fördermaßnahmen in der Gesamtauswertung des Mathematischen Leistungstests, beim Allgemeinen Schulleistungstest Mathematik und beim Lehrerurteil nicht von der Gesamtgruppe (Kinder aller 6 Eingangsklassen) unterschied. Dagegen die Kontrollgruppe bei allen drei Tests signifikant schlechter abschnitt als die Gesamtgruppe.

Die vorliegende Untersuchung bestätigte die Vermutung, dass Risikokinder bereits bei Schuleintritt zu identifizieren sind. Es konnte gezeigt werden, dass durch frühzeitige Diagnostik und darauf individuell abgestimmte Fördermaßnahmen den Risikokindern der Anschluss an das Leistungsniveau der Klasse gelingt.

Beachte: Allerdings bedarf eine derartige Förderung gut ausgebildeter bzw. fortgebildeter Lehrkräfte und der Anerkennung eines weit höheren Arbeitsaufwandes als für die auf vermehrter Übung basierenden Stütz- und Förderstunden, wie sie üblicherweise durchgeführt werden.
     

Ausblick:
Anzudenken wäre eine diesbezügliche Diagnostik (Körperschema, visuelle und auditive Wahrnehmung, Lateralität, pränumerische und numerische Fertigkeiten) bereits im letzten Kindergartenjahr. Bei festgestellten Defiziten könnte eine vor  Schuleintritt erfolgende Förderung die Lernausgangslage der Erstklässler angleichen und betroffenen Kindern den Start ins Schulleben mit mehr Erfolg ermöglichen.
   
Dies erfordert jedoch eine intensive Aus- und Fortbildung von Erzieherinnen, Lehrkräften und Therapeutinnen.


5. Diagnostik:

Ist ein Intelligenztest erforderlich?
Die diagnostischen Leitlinien der WHO fordern für die Diagnose einer Dyskalkulie eine eindeutig unterdurchschnittliche Rechenleistung im Verhältnis zur Intelligenz. Dies hätte zur Folge, dass sowohl ein Intelligenztest, als auch ein standardisierter Rechentest notwendig ist.
Nachdem zurzeit in Deutschland die Dyskalkulie schulisch und medizinisch nicht als eigenständiges Krankheitsbild mit entsprechend finanzierter Förderung anerkannt ist, besteht aus Kostengründen kein Bedarf für die Durchführung eines Intelligenztests.

Für die praktische Frage der Früherkennung und der Förderung liefert ein Intelligenztest wenig praktische Hinweise. Einzig ein signifikant schwacher Handlungsteil im HAWIK – R oder im HAWIK III  würde eine Rechenschwäche theoretisch bestätigen, ohne aber  bedeutungsvolle Hinweise für eine Förderung zu liefern.
Ab Schulalter kann die Durchführung eines IQ-Tests aber wertvolle Hinweise über die geeignete / weitere Schullaufbahn des betroffenen Kindes geben.

Notwendige testdiagnostische und informelle Abklärungen:
a) Körperwahrnehmung in Verbindung mit Lateralität
    z.B. MOT, KTK, Gezielte Sensorische Integrationsbeobachtung, HDT, Feinmotorik

b) Visuelle und auditive Wahrnehmung
    z.B. DTVP – II, auditive Merkfähigkeit

c) Visuelle und auditive Wahrnehmung in Verbindung mit kognitionsstützenden und seriellen
    Wahrnehmungsleistungen
    z.B. OTZ, ZAREKI


6. Vorstellung von Testverfahren:

6.1. Osnabrücker Test zur Zahlbegriffsentwicklung (OTZ)
Der OTZ wurde an der Universität Utrecht im Rahmen eines Forschungsprojektes („Rechenunterricht bei jüngeren Kindern mit verzögerter Entwicklung“) erarbeitet und in den Niederlanden mit über 800 Kindern erprobt.  Dort ist er 1994 als UGT (Utrechtse Getalbegrip Toests) erschienen.
Die Erprobung der seit  2001 vorliegenden deutschen Version OTZ erfolgte 1997/98 mit über 300 Kindern. Es liegen Normierungen, unterteilt in fünf Altersgruppen von 5.0 bis 7.5 Jahren, vor.
Der Test besteht aus zwei Parallelversionen (Version A und B). Die Gesamtbearbeitungszeit beträgt realistische 25 – 30 Minuten. Er ist wenig materialintensiv und in seiner Anweisung klar gegliedert und verständlich.

Aufgabenbeschreibung:
Die acht Subtests mit insgesamt 40 Aufgaben dienen der Überprüfung des pränumerischen und numerischen Wissens. Folgende Bereiche werden überprüft: Vergleichen, Klassifizieren, Eins-zu-eins-Zuordnen, Nach-Reihenfolge-ordnen, Zählen, Synchrones und Verkürztes Zählen, Resultatives Zählen, Anwenden von Zahlenwissen.

Beurteilung:
Wie aus der Auflistung der Subtests bereits ableitbar, überprüft der Test basale arithmetische Kenntnisse.
Neben der quantitativen Beurteilung (mit einem letztendlich sehr breiten Prozentrang von z.B. PR 11 – 25  oder  PR 26 – 50) bietet der Test eine Reihe informeller Hinweise. Beobachtbar ist u.a.:

  • zählt das Kind mit den Fingern oder kann es die Menge bereits simultan erfassen
  • kann das Kind strategisch Vorgehen und beachtet z.B. die Anordnung von Mustern
  • setzt es systematisches Zählen ein, z.B. von oben nach unten oder von links nach rechts
  • erbringt es bereits logische Denkleistungen

Benachteiligt sind Kinder mit Sprachverständnisproblemen und Merkfähigkeitsproblemen. Für die Beantwortung der Aufgaben müssen häufig sprachlich logische Zusammenhänge entschlüsselt oder zum Teil sprachliche und visuelle Zwischeninformationen abgespeichert und wieder abgerufen werden. Im Folgenden ein Beispiel für sprachliche Anforderungen bei Aufgabenstellungen, die als Vorstufe für mathematische Aufgaben (Vergleichen) anzusehen sind.

Aufgabe 10 aus OTZ: “Hier siehst du einen Apfel mit Stiel, ohne Blatt und mit einem Würmchen, das aus dem Apfel herauskommt“. – VL zeigt auf den Apfel – „Zeige auf alle Äpfel, die genauso aussehen wie dieser Apfel“.

Das  Auswertungsverfahren des OTZ ist sicherlich gewöhnungsbedürftig. Die Bestimmung der Rohwerte erfolgt im üblichen Additionsverfahren. Aber erst nach Ermittlung eines Kompetenzergebnisses kommt man mittels Tabellen (auf verschiedenen Seiten) zu einem Prozentrangwert.


6.2 Neuropsychologische Testbatterie für Zahlenverarbeitung und Rechnen bei Kindern (ZAREKI)
Die Testbatterie wurde von Michael von Aster entwickelt und steht seit 2001 zur Verfügung. Sie umfaßt 11 Subtests und ist standardisiert von 7.6 bis 10.11 Jahre.
Das  Verfahren ist in Verbindung mit  einer testpsychologischen Untersuchung und unter Einbeziehung schulischer Kontextfaktoren zur Dyskalkuliediagnostik geeignet.

Aufgabenbeschreibung:
U.a. enthält die Batterie neben Aufgaben der Eins-zu-eins-Zuordnung (Zählen von Mengen) mehrere arithmetische operative Aufgaben (Im-Kopf-rechnen, Textaufgaben), sowie Aufgaben der Zahlenverschriftung und des Lesens von Zahlen.

Beurteilung:
Der Test ist gut durchführbar. Durch die hohe Anzahl an Subtests mit geringer Aufgabenzahl ist er abwechslungsreich und motivierend.

Die Testaufgaben überprüfen die grundlegenden mathematischen Fertigkeiten, die bei Rechenstörungen nicht ausreichend entwickelt sind. So ist die Batterie gut geeignet, sowohl wichtige qualitative als auch informelle Leistungshinweise zu liefern.

Dies gilt, meines Erachtens, allerdings nicht für die quantitativen Werte. Als ungünstig möchte ich die große Spannbreite der Altersgruppen der Standardisierung bezeichnen. Es gibt nur drei Altersgruppen und zwar von 7.6 – 8.11 Jahren, 9.0 – 9.11 Jahren und 10.0 – 10.11 Jahren.
Dies scheint mir insbesondere unter dem Aspekt von stetig zunehmenden mathematischen Lerninhalten in den ersten Grundschulklassen zu breit gewählt zu sein. In nicht seltenen Fällen kann sowohl ein verspätet eingeschulter Erstklässler als auch ein frühzeitig eingeschulter Drittklässler in der ersten Altersgruppe der Testbatterie liegen.
Zwischen erster und dritter Klasse liegen aber bei den Kindern erhebliche Unterschiede in den Wissensleistungen im Fach Mathematik vor.

Sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben von Zahlen werden im Test bereits in der dritten Aufgabe Zahlen im Eintausender-Bereich gefordert. Dies kann bei jüngeren Kindern schnell zu einer Überforderung führen. Über die Verwertbarkeit der dann erzielten Testergebnisse erlaubt sich der Verfasser dieses Artikels keine öffentliche Meinungsäußerung.


7. Förderung:

7.1. Grundregeln einer erfolgreichen Förderung: (zum Teil nach KAUFMANN)

  • Bestimmen des Wissenstandes bei Schuleintritt:
    Notwendige Vorkenntnisse (Körperschema, Lateralitiät, auditive und visuelle Wahrnehmung, Klassifikation, Seriation, Mengenvergleich ...) sind bereits bei Schuleintritt differenziert zu überprüfen und im Bedarfsfalle zu fördern.
    Sowohl in Form einer basalen Wahrnehmungsförderung als auch der pränumerischen Fähigkeiten in Verbindung mit numerischen Inhalten.
     
  • Aufbau der Vorstellung von Zahlenräumen und Rechenoperationen durch Handlungen:
    Es ist erforderlich, dass eine Vorstellung des Zahlenraumes und der Rechenoperationen aufgebaut wird. Hierfür muss ein Bezug zu konkreten Handlungssituationen hergestellt werden. Dabei sollte der Sprache ein wichtiger Stellenwert eingeräumt werden.
     
  • Zählen / Zählendes Rechnen / Ablösung vom zählenden Rechnen:
    Zählendes Rechnen wird als notwendiger Zwischenschritt gesehen, den kein Kind überspringt LORENZ  (2002, 26). Hiermit werden bereits in der Vorschulzeit kleinere mathematische Probleme bewältigt. Die sichere Kenntnis der Zahlwortreihe ist dazu Voraussetzung. Durch sicheres Zählen – auch rückwärts und in verschiedenen Schritten – kann eine Strukturierung des Zahlenraumes unterstützt werden, was eine Ablösung vom zählenden Rechnen erleichtert. Allerdings sollte das zählende Rechnen so früh als möglich durch andere Verfahren, z. B. durch anschauliche Rechenoperationen, ersetzt werden (siehe 7.2).
     
  • Arbeiten mit strukturierten Mengenbildern:
    Darin wird eine Möglichkeit der Ablösung vom zählenden Rechnen gesehen. Es kann als Mittel betrachtet werden, verinnerlichte Zahl- und Mengenrepräsentationen aufzubauen.
     
  • Förderung des Vorstellungsvermögens:
    Bei neurophysiologischen Interventionsansätzen bezieht sich die Förderung hauptsächlich auf das Training oben beschriebener Fähigkeiten. Dies ist meist gekennzeichnet durch wiederholendes Üben.
    Entwicklungspsychologisch wird von präoperationalem Denken (Piaget 3 bis 7 Jahre) des Vorschulkindes ausgegangen. Das Kind beginnt in Vorstellungsbildern zu denken und ist zunehmend in der Lage, in der Anschauung zu denken, zu planen und zu wiederholen.
    In der Phase der konkreten Operation (Piaget 7 bis 12 Jahre) ist die Fähigkeit, sich Handlungen vorzustellen, weiter entwickelt.
    Diese Annahmen legen nahe, dass Grundschulkinder im Medium der Anschauungsbilder denken. Sie auszubilden ist die Aufgabe von Anschauungsmitteln  (LORENZ  2000, 40).
     
  • Hinführung zum anschaulichen Rechnen / Ablösen vom anschaulichen Rechnen hin zu Rechenoperationen aus der Vorstellung:
    Bei erreichen dieses Leistungsstandes liegt keine Dyskalkulie mehr vor.

 

7.2. Die Förderung in der praktischen Umsetzung:
LORENZ (1997, 94) spricht vom erstrangigen Ziel, den Zahlenraum zu entwickeln. In diesem die Kinder sich gedanklich bewegen und in dem Zahlen in Beziehung zu anderen Zahlen gedacht werden. Eine bestimmte Zahl hat wenig Bedeutung ohne die Beziehung zu anderen Zahlen.

Alle Forschungsergebnisse sind bezüglich der Notwendigkeit, mittels anschaulicher Rechenhilfen den Zahlenraum zu erschließen, deckungsgleich.

GAIDOSCHIK (2002, 73) weist explizit darauf hin dass, wenn noch vorhanden, oberstes Ziel die schrittweise Ablösung vom „ zählenden Rechnen“ sei.  Über die Zwischenstufe des „anschaulichen Rechnens“ sollte die Stufe „Rechenoperation aus der Vorstellung heraus“ erreicht werden.

Neben den hier als bekannt vorausgesetzten Förderschwerpunkten zur Verbesserung von Körperwahrnehmung, Körperkoordination, Feinmotorik, Lateralität sowie visueller und auditiver (Merkfähigkeit, Sprachverständnis) Wahrnehmung hier eine unvollständige Darstellung von visuellen – seriellen – kognitionsstützenden Förderansätzen in Anlehnung an GAIDOSCHIK (2002, 73 ff.)


Personelle Voraussetzungen:

Dyskalkulietherapie verlangt Einzelarbeit mit dem betroffenen Kind. Es ist kaum denkbar, eine Rechenschwäche durch Maßnahmen im Klassenverband zu überwinden. Selbst eine spezifisch für Dyskalkulietherapie ausgebildete Lehrerin kann nicht in ein und derselben Schulstunde einerseits die restliche Klasse in neuen Stoffinhalten unterrichten und andererseits ein rechenschwaches Kind in jener Weise fördern, welche zur Überwindung seiner Lernstörung unerlässlich ist.


Abbau der Anwendung des „zählenden Rechnens“:
Der Einsatz anschaulicher Materialien darf nicht als „Abzählhilfe“ erfolgen. Wichtig ist aber in jedem Fall nicht die bloße Anzahl an Wiederholungen. Durch gezielte Fragestellungen („Wie viele Klötzchen hast du gelegt!“  „Was mußt du tun, um diese Menge zu erhalten!“  „Versuche dich zu erinnern, was du gerade vorher mit den Klötzchen getan hast!“) und Denkanstöße („Überlege zuerst nur, was mit den Klötzchen auf dieser Seite geschehen ist!“  „Vergleiche diese und diese Aufgabe!“)  muss das Kind in die Lage versetzt werden, die tatsächliche Handlung durch geistigen Nachvollzug zu ersetzen und sie so mit der Zeit überflüssig zu machen.


Aufbau von Zahlwissen und Rechenfertigkeit:
Das betroffene Kind muss zum „Vergleichenden Rechnen“ befähigt  werden. Hat das Kind erste Rechenoperationen abgespeichert (z.B. 2 + 3 = 5) so kann es leichter zu Rechenoperationen wie 2 + 2  oder  2 + 4  über Materialeinsatz hingeführt werden, ohne dabei zählen zu müssen. Es kann sich nun, wenn auch begrenzt, im Zahlenraum orientieren.

Ist der Weg bei einfachen Aufgaben unter visueller Kontrolle (mit Anschauungs-mitteln) gesichert, sollte die Vorstellung des Zahlenraums weiter aktiviert werden. Dies geschieht z.B. durch die aktive Anordnung der Klötzchen unter einem Tuch, in Verbindung mit gezielten Fragestellungen durch  die Therapeutin.


Zahlenzerlegung durch Einsicht:
Das Kind muss lernen, die Zahl in ihren Bezügen zu anderen Zahlen zu erfassen.

Dies kann durch das „Zahlenzerlegen“ aktiviert werden. Z.B.  8 = 7 + 1,  6 + 2 .... Die Übungen sollten in der Methode: „Anschauliches Handeln mit gedanklicher Vorstellung“ erfolgen.

GAIDOSCHIK empfiehlt hierfür die Arbeit mit Kugelketten. Für jede Zahl eine eigene Kette, damit das Kind nicht überzählige Kugeln wegdenken muss.


Unterscheiden von Zehnern und Einern:
Ein entscheidender Rechenschritt ist für viele Kinder der Übergang vom Zahlenraum des ersten in den Zahlenraum des zweiten Zehners. Hier geht es um das Erkennen, dass die „Zehn“  eine Bündelung von zehn Einern zu einer neuen Einheit darstellt.

Die Zehn darf  in der Vorstellung und Handlung des Kindes nicht einen „Rangplatz“ einnehmen, sondern einen „Stellenwert“. Dies kann im Bedarfsfalle eine immer wiederkehrende Darstellung erfordern. Besonders geeignet hierfür sind Materialien, die den Stellencharakter der einzelnen Zehner betonen.

Erst wenn eine sichere Unterscheidung von Einern und Zehnern gewährleistet ist, können sinnvolle Rechenoperationen in den weiteren Zahlenräumen vorgenommen werden.  Die Rechnungen sollten nicht zählend, sondern durch Einsicht in die Analogie vorgenommen werden.


Grundsätzliches:
Die unter 7.2 beschriebenen Förderansätze beziehen sich, wie aus der Thematik ersichtlich, auf die Förderung von Kindern im Erstklassunterricht. Im Weiteren Schulverlauf bedarf es bereits enormer Anstrengungen der betroffenen Kinder, um die hier beschriebenen elementaren Defizite, bei gleichzeitig fortschreitenden mathematischen Anforderungen in der zweiten und dritten Klasse, in notwendiger Weise aufzuholen (siehe hierzu auch unter 8. Teufelskreis Rechenstörung).


7.3 Materialien:
Erstrangig geeignet sind alle Einerwürfel, Zehnerstangen und Einhunderterplatten, die den Stellencharakter der zwei- und dreistelligen Zahlen erkennbar werden lassen (Montessori - Perlenmaterial, Schubi – 1000-er Grundsortiment – erheblich preiswerter).

Um die Verschriftung zu beschleunigen, sind einfache kleine Zahlen von 0 – 9 im Doppelsatz sehr geeignet.

Sowohl die unzähligen, in unterschiedlichen Versandhäusern angebotenen methodisch – didaktischen Fördermaterialien als auch Naturmaterialien wie z.B. Kastanien, unterstützen nicht selten das unerwünschte „zählende Rechnen“. Wobei diese Materialien aber einen hohen Aufforderungscharakter für oft wenig motivierte Kinder besitzen.

Die Förderkraft muss sicherlich individuell abwägen, welche Materialien sie für die jeweilige Zielsetzung, unter Beachtung der Persönlichkeit des betroffenen Kindes, zum Einsatz bringt. 


7.4 Kritische Betrachtungen der Förderung aus heutiger Sicht:
Schulischer Förderunterricht:

I. d. R. erfolgt Kleingruppenunterricht mit Wiederholung des Schulstoffes ohne spezifische Ausrichtung auf individuelle Defizite, sowohl in der Diagnostik als auch in der Förderung des rechenschwachen Kindes.

Mobiler Sonderpädagogischer Dienst:
Erstrangiger Auftrag des MSD besteht in der Diagnostik des Kindes und Beratung von Lehrkräften und Eltern. Es bleibt i. d. R wenig Kapazität für die eigentliche Förderung bedürftiger Kinder.

Institute:
ALF bietet eine spezifische Förderung für Kinder mit Dyskalkulie an.

Ergotherapiepraxen:
Diese verfügen über gute Therapieansätze zur Förderung der Körperwahrnehmung sowie der visuellen Wahrnehmung. Förderinhalte bei mathematischen Schwächen, wie unter 7.1 und 7.2 beschrieben, bieten nur wenige Praxen an.

Nachhilfeunterricht:
Nachhilfe basiert meist auf einer auf den schulischen Lernstoff ausgerichteten Förderung. Dabei werden die fehlenden Basisschwächen der Kinder wenig berücksichtigt,  sondern schuljahresspezifische Angebote stehen im Vordergrund.

Heilpädagogen:
Für Klienten außerhalb von Einrichtungen mit einem heilpädagogischen Konzept besteht normalerweise kein Zugang zu einer Heilpädagogin.

 

8. Teufelskreis Rechenstörung:

 

Zusammenfassend kann gesagt werden:

  1. Die testdiagnostischen Möglichkeiten haben sich erweitert.
  2. Der Einsatz der vorhandenen diagnostischen Möglichkeiten erfolgt oft noch  unzureichend.
  3. Viele Einrichtungen bieten noch immer eine unspezifische, oft auf die Wiederholung schulischen Lernstoffes gestützte Förderung an.
  4. Die explizit auf die sehr unterschiedlichen individuellen Schwächen der Kinder (wie ausführlich beschrieben) einwirkenden Förderansätze kommen noch viel zu wenig zum Einsatz.
  5. Diagnostik und Förderung greifen i.d. Regel viel zu spät. In nicht seltenen
    Fällen wird erst dann gehandelt, wenn der Leistungsrückstand des betroffenen Kindes zur Klassennorm kaum noch ausgleichbar ist.

 

In dieser Zusammenfassung zitierte Literatur:

Gaidoschik Michael (2002) Rechenschwäche – Dyskalkulie. Eine unterrichtspraktische Einführung für LehrerInnen und Eltern. öbv-hpt: Wien
Kaufmann Sabine (2003) Früherkennung von Rechenstörungen in der Eingangsklasse der Grundschule und darauf abgestimmte remediale Maßnahmen.  Peter Lang GmbH Frankfurt
Lorenz Jens Holger (1985) Über einige pathologische Fälle von Rechenstörungen.    Mathematikunterricht, 31 (6)
Lorenz J. H. (1990) Teilleistungsschwächen. In J. H. Lorenz (Ed;),
Lernschwierigkeiten: Forschung und Praxis (pp. 75 – 94) Köln: Aulis
Lorenz J. H. (2000) Arithmetischen Strukturen auf der Spur – Funktion und Wirkungsweise von Veranschaulichungsmitteln. Grundschulzeitschrift / Sammelband: Offener Mathematikunterricht: Arithmetik II, 38-42
Lorenz J. H. (2002) Mathematisches Vorwissen im Anfangsunterricht.
Grundschule, Heft 5 / 2002, 24 - 26
Lorenz & Radatz (1993) Handbuch des Förderns.  Hannover: Schroedel
Luria A. R. (1992) Das Gehirn in Aktion – Einführung in die Neuropsychologie.
Reinbek bei Hamburg: Rowolth
Piaget J.  (1972) Die Entwicklung des Erkennens. Das mathematische Denken.
Stuttgart: Klett
Schipper W. (2001) Thesen und Empfehlungen zum schulischen und außerschulischen Umgang mit Rechenstörungen.
Institut für Didaktik der Mathematik der Universität Bielefeld

 

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